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Hinter verschlossenen Türen

  • Meli
  • 30. Jan.
  • 2 Min. Lesezeit

Markus R.
Markus R.

Man sagt, ein Mann soll stark sein. Er soll nicht weinen, sich nicht beschweren, nicht schwach wirken. Also schwieg ich. Ich schwieg, als es anfing, als ihre Worte mich trafen wie unsichtbare Schläge. Ich schwieg, als aus den Worten Schreie wurden und aus den Schreien Schubser. Ich schwieg, als ich das erste Mal einen Gegenstand nach mir fliegen sah. Und ich schwieg, als ich mir selbst nicht mehr in die Augen sehen konnte.


Der Anfang vom Ende

Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal in so einer Situation landen würde. Ich war kein gebrochener Mann, kein unsicherer Mensch. Ich war stark - dachte ich zumindest. Und sie? Sie war die Frau, die ich liebte. Am Anfang war alles perfekt. Sie war liebevoll, leidenschaftlich, konnte die ganze Welt mit einem einzigen Lächeln erhellen. Ich hätte alles für sie getan. Dann kamen die kleinen Dinge. Die Kritik, die ständigen Vorwürfe. Erst subtil, dann immer lauter. Ich sei nicht aufmerksam genug. Ich würde sie nicht genug lieben. Ich würde sie provozieren. Und wenn sie laut wurde, wenn sie mich beleidigte, mich demütigte, dann war es immer meine Schuld. „Du hast mich dazu gebracht!“ Ich wollte es nicht wahrhaben. Ich redete es mir schön. Ich war doch ein Mann, oder?


Der Moment, in dem alles kippte

Es war ein Sonntagabend. Wir hatten uns gestritten - mal wieder. Ich wollte einfach nur gehen, die Tür hinter mir schließen und Luft holen. Doch sie ließ mich nicht. Sie stellte sich in den Weg, packte mich am Arm, ihre Fingernägel bohrten sich in meine Haut. Dann kam die Ohrfeige. Hart, unerwartet. Ich stand einfach nur da. Nicht aus Angst - sondern aus Schock. Ich konnte nicht fassen, was gerade passiert war. Sie aber war längst über diesen Punkt hinaus. Sie schrie, schlug erneut - immer und immer wieder. Und ich? Ich tat nichts. Ich hob nicht die Stimme, hob nicht die Hand, wehrte mich nicht.


Der schwierigste Schritt

Am nächsten Morgen sah ich mich im Spiegel an. Da war kein Blut, kein blauer Fleck, nichts, was die Außenwelt sehen konnte. Aber ich sah es. Ich sah den Mann, der ich einmal war, und den, der ich geworden war. Und ich wusste: Ich musste gehen. Es war der härteste Schritt meines Lebens. Ich wusste, dass ich auf Unverständnis stoßen würde. Dass es Menschen geben würde, die sagen: „Du bist doch ein Kerl, wie kann dir so etwas passieren?“ Oder: „Das war doch nicht so schlimm.“ Aber ich wusste, dass es schlimm genug war. Schlimm genug, um mich selbst zu verlieren.


Zurück ins Leben

Heute bin ich frei. Nicht nur von ihr - sondern von der Lüge, dass Männer nicht Opfer sein können. Gewalt hat kein Geschlecht. Und Schweigen schützt nur den Täter. Ich habe aufgehört zu schweigen. Und das war der erste Schritt, mich selbst zu retten.

 
 
 

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